Handwerk, Handschlag Höflichkeit

Knigge in der Handwerksbranche

Höflichkeit im Handwerk ist mehr als nette Gesten, ein freundliches „Guten Morgen“ und „Bitte und Danke“. Ein höfliches Miteinander bietet Ihnen neben Ihrer Fachkompetenz die Chance, Ihr Image aufzupolieren, Kunden zu binden und schlussendlich erfolgreich am Markt zu bestehen.

Alle reden von Höflichkeit und Respekt, von Wertschätzung und einem allgemein guten Umgang miteinander. Werte, die im sozialen Miteinander unabdingbar und für die meisten Menschen selbstverständlich sind. Theoretisch! Denn manchmal hört das Ideal Höflichkeit genau da auf, wo es für uns selbst unbequem wird und wir unser eigenes Verhalten zugunsten des anderen anpassen sollen. Das ist streckenweise anstrengend und bedarf einer großzügigen Portion Aufmerksamkeit und Aufrichtigkeit.

 

Neben der Tatsache, dass uns höfliches Verhalten diese gewisse Anstrengung abverlangt, haben wir zudem häufig einfach keine Zeit dafür! Korrekt müsste es hier übrigens heißen „Wir nehmen uns keine Zeit dafür“, aber wer möchte sich das schon selbst eingestehen? Unser Alltag ist bestimmt von Aufgaben, die erledigt werden müssen, von Zeitplänen, die uns vordiktiert werden und von der Erwartungshaltung anderer – sei es die des Chefs, des Auftraggebers oder des Kunden in seiner erst halb fertig sanierten Wohnung. Im Job geht es darum, Aufträge abzuarbeiten, Baustellen abzuschließen und es geht auch um unseren wohlverdienten Feierabend. Was unter diesem ständigen (Zeit-)Druck am meisten leidet, ist schlussendlich das respektvolle Miteinander. Die Wand ist schließlich nicht schneller gestrichen, wenn man nett zueinander ist – eher im Gegenteil – und der Estrich trocknet auch nicht schneller, nur weil wir Bitte und Danke zueinander sagen.
 
Skeptiker unter Ihnen könnten nun also die Frage stellen, ob uns Höflichkeit – besonders im Handwerk – überhaupt nützlich ist. Die klare Antwortet lautet: Ja! Und das aus zweierlei Gesichtspunkten. Zum einen sind höflich behandelte Kunden diejenigen, die wiederkommen, zum anderen unterstützt ein höfliches Verhalten Ihr über lange Jahre erarbeitete Image eines zuverlässigen, gern gesehenen Handwerksbetriebes.

Höflich behandelte Kunden kommen wieder

„Behandle andere stets so, wie Du selbst behandelt werden möchtest“ – ein Grundsatz, der uns wohl allen bekannt ist. Kommt nun ein sozialer Raudi daher, fühlen wir uns unhöflich, respektlos und vielleicht sogar unfair behandelt. Kein Wunder, dass wir den Menschen, die uns so begegnen, selbst auch wenig Höflichkeit entgegenbringen möchten. Sie in unserem Heim willkommen heißen, mögen wir erst recht nicht. So geht es auch Kunden, die sich unhöflich behandelt fühlen – sie machen dicht. Und selbst, wenn die Fachkompetenz stimmt, hört man sie sagen „Die Arbeit war ja gut, aber wie der sich benommen hat … von der Firma kommt mir keiner mehr ins Haus!“

 

Es sind also besonders die Emotionen, die bei der Wahl eines Handwerksbetriebes eine relevante Rolle spielen. Hat sich der Kunde gut betreut gefühlt? Entsprachen Ordnung, Sauberkeit und Abwicklung seinem Anspruch? Hat man ihm zugehört, seine Sorgen verstanden? Die so genannten Softskills, also die Fähigkeiten, die auf zwischenmenschlicher Ebene stattfinden, sorgen vor allem im Nachgang für Sympathie oder Antipathie: Einem Handwerker, der mit einem aufrichtigen, offenen und höflichen Verhalten punktet, verzeiht der Kunde außerdem vermeintliche Fehler viel schneller und sieht über den ein oder anderen kleinen Fehltritt hinweg. Fühlt sich der Kunde aber unangemessen behandelt, findet er viel eher Fehler, macht sich vielleicht sogar gezielt auf die Suche danach. Und selbst, wenn die Arbeit noch so einwandfrei ist – vielleicht wird er sich das nächste mal aus rein emotionalen Gründen für einen anderen Betrieb entscheiden und viel schlimmer noch: Er wird auch darüber reden und kann so langfristig Ihr Image schädigen.

Höflichkeit als Imageträger

Nutzen Sie Höflichkeit für die bewusste Gestaltung Ihres Images! Gefangen im Tagesgeschäft und im Anspruch, Aufträge erfolgreich abzuwickeln, liegt das Augenmerk von Unternehmen häufig auf der fachlich einwandfreien Arbeit. „Wir machen gute Arbeit“, denkt sich mancher Unternehmer und klopft sich dabei selbst auf die Schulter. Mag sein! Aber ist auch der Ruf gut? Überlegen Sie einmal selbst: Entspricht Ihr Image, also das Bild in den Köpfen Ihrer Kunden, dem Versprechen, das Sie auf Ihrer Webseite, in Gesprächen, Angeboten und allgemein Ihrem öffentlichen Auftreten machen? Und weiter: Tun Sie alles dafür, dieses Image bewusst mitzugestalten und zu stärken? Denn genau das können Sie erreichen: Sie können das Image Ihres Unternehmens gezielt formulieren und stetig daran arbeiten, diesem gerecht zu werden.

Nun geht ein sinnvoll formuliertes Wunschimage über die typischen Fachkompetenzen hinaus. Neben der selbstverständlichen Wirkung „professionell, fachlich korrekt und schnell“ muss Ihr Image vor allem die emotionalen Themen wie zuverlässig, vertrauensvoll, sympathisch, ordentlich, partnerschaftlich und offen bedienen. Was nützt die einwandfreie Leckageortung, wenn der Handwerker matschige Fußspuren hinterlässt? Was nützt ein verlockendes Angebot, wenn im Büro niemand für Rückfragen zu erreichen ist? Was nützt Schnelligkeit, wenn am „Guten Morgen“ und „Auf Wiedersehen“ gespart wird? Vielleicht nützt all das Ihrer schwarzen Zahl unter der Schlussrechnung, keinesfalls aber der unabdingbaren Notwendigkeit, für den nächsten Job wieder beauftragt zu werden.

Wirkung und Eindruck sind also ebenso wichtig wie fachlich einwandfreie Arbeit. Sobald Sie sich über Ihr Wunschimage im Klaren sind, können Sie beginnen, dies in all dem, was Ihnen zur Verfügung steht, zu kommunizieren. Es drückt sich aus durch Auftreten, Kommunikation und Verhaltensweisen. Erst, wenn ein Image bewusst gelebt wird, wird es für eine Zielgruppe erlebbar und spürbar. Kunden können sich auf Ihre Versprechen verlassen – Vertrauen entsteht. Und dieses Vertrauen ist die wichtigste Basis für langfristigen Erfolg. Dazu müssen Sie selbstverständlich auch Ihre Mitarbeiter ins Boot holen und dafür sorgen, dass jedem Einzelnen die Ambition dahinter bewusst ist. Ein Mitarbeiter, dem nicht bewusst ist, wofür er bestimmte Regeln einhalten, bestimmte Kleidung tragen oder bestimmte Worte sagen bzw. vermeiden soll, wird keinen Sinn darin erkennen und in seine gewohnten, individuellen – gegebenenfalls nachteiligen – Verhaltensmuster zurückfallen.

Von der Theorie in die Praxis

Das positive Image aus Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Offenheit, Sympathie, und Sauberkeit beziehungsweise Ordnung stärken Sie vor allem durch:


•    Pünktlichkeit
Wie soll sich ein Kunde auf die zuverlässige Ausführung von Arbeiten verlassen können, wenn Sie verspätet oder verfrüht erscheinen? Den Kunden eine halbe Stunde vor Termin aus dem Bett zu klingeln ist dabei genau so ärgerlich, wie ihn eine halbe Stunde warten zu lassen.


•    Mimik & Gestik
Sorgen Sie für Sympathie, indem Sie eine positive Mimik durch Lächeln ausstrahlen. Wenden Sie sich dem Kunden zu, wenn Sie mit ihm sprechen und schenken Sie ihm Ihre volle Aufmerksamkeit. Fehlender Blickkontakt macht einen desinteressierten Eindruck, ein zugewandter Rücken wirkt gar ablehnend.


•    Nähe schaffen
Schmälern Sie Distanzen, indem Sie sich selbst und das Unternehmen bei der ersten Begegnung vorstellen. „Guten Morgen, mein Name ist Anton Meier. Ich komme von Firma Müller und bin hier, um mir Ihren Wasserschaden anzusehen“ ist eine vollständige Begrüßung. Halten Sie dabei Blickkontakt und gönnen Sie dieser ersten Begegnung Zeit. Wertvolle Sekunden, die auf Ihr Gutes-Image-Konto einzahlen. Die Verabschiedung zum Feierabend ist ebenso relevant. Verschwinden Sie nicht wortlos, ohne den Kunden über den bisherigen Fortschritt und weitere Schritte zu informieren.


•    Sauberkeit und Ordnung
Alles beginnt mit sauberer Arbeitskleidung zum Arbeitsbeginn. Treten Sie die Schuhe ab und haben Sie stets Überzieher für Ihre Schuhe zum Schutz von Bodenbelägen griffbereit. Fahren Sie ausschließlich mit sauberen Fahrzeugen vor, aus denen beim Türöffnen nicht der Müll des gesamten letzten Monats herausfällt. Auch die Sauberkeit und der gepflegte Zustand von Werkzeugen und Materialien lässt darauf schließen, wie ordentlich Sie mit dem Hausrat des Kunden umgehen.


•    Offene Kommunikation
Fragen, die unbeantwortet bleiben oder ein durchweg stummes Verhalten sorgen für Distanz und eine unpersönliche Atmosphäre. Seien Sie kommunikativ und halten Sie den Kunden auch ungefragt auf dem Laufenden.


•    Erlaubnisse einholen
Ungefragt die Toilette benutzen, die Hofeinfahrt zuparken, Gegenstände wie Eimer, Lappen, Staubsauger oder Werkzeuge des Kunden benutzen, auf dem Grundstück rauchen oder Musik hören sind absolute No Gos. Ein Unmut darüber kann ganz einfach vermieden werden, indem Sie mit dem Kunden offen sprechen und Fragen stellen.


•    Für Transparenz sorgen
Das Nennen (und die anschließende Erreichbarkeit!) eines Ansprechpartners, die Information über Zeitpläne und weitere Arbeiten, das Thematisieren vorhersehbarer Risiken und die Hilfestellung im Umgang mit der Versicherung stehen für eine vertrauensvolle Beziehung zueinander. Der Kunde verlässt sich auf Sie – tun Sie alles, um so transparent wie möglich zusammenzuarbeiten.


•    Ordnung und Sauberkeit
Verlassen Sie eine Baustelle zum Feierabend so sauber und aufgeräumt wie möglich. Seien Sie sich bewusst, dass sich Kunden am Abend einen Eindruck vom Fortschritt machen und ganz genau hinsehen. Hinterlassener Müll oder Werkzeuge, die wirken wie fallengelassen, machen einen schlechten Eindruck. Während der Arbeit achten Sie darauf, dass Sie die Einrichtung des Kunden so wenig wie möglich in Mitleidenschaft ziehen.

Und wie bringen Sie nun all diese Botschaften in ihr Team? Wie sorgen Sie dafür, dass jeder Kundenkontakt Ihrem Wunschimage entsprechend abläuft? Die Antwort ist so logisch wie simpel: Leben Sie Ihr Wunschimage zunächst einmal selbst! Entwerfen Sie dafür im ersten Schritt eine Unternehmenskultur, die vor allem die Ideale (das Leitbild) Ihres Unternehmens enthält. Im zweiten Schritt formulieren Sie ein darauf abgestimmtes Image, das Sie in den Köpfen Ihrer Kunden, Fachpartner und Auftraggeber festigen möchten. Schließlich arbeiten Sie alle Situationen durch, denen Sie und Ihr Team im Arbeitsalltag ausgesetzt sind: Welche Interaktionen finden statt und wie können Sie dabei Ihr Image durch Haltung, Kommunikation, Kleidung und Verhaltensweisen konkret ausstrahlen? Und dann heißt es: Am Ball bleiben und nicht aufgeben. Wer eine Unternehmenskultur ins Leben rufen möchte, die langfristig für Erfolg sorgt, braucht Geduld und Konsequenz.

 

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Handwerk, Handschlag, Höflichkeit
Vollständiger Artikel im Magazin des FSU – Fachverband Sanierung und Umwelt, FSU e.V.
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Birte Steinkamp

post@birtesteinkamp.de

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