Nein! / Podcastblog

Sagen Sie "Ja" zum "Nein"

Neeeein

Nehein
Ehm ... neeeiin?
Nä!

 

5 x Nein. 5 verschiedene Botschaften. Mit demselben Wort würden wir hier verlegen, trotzig, genervt, ironisch und abfällig klingen. Aber nicht ein einziges Mal sachlich überzeugend. Ja-Sager sein ist da schon viel einfacher und unkomplizierter. „Ja“ sagen ist leicht, der Weg des geringsten Widerstandes und für die meisten ja auch irgendwie sympathischer. Beruflich genau wie privat befürchten wir doch, als faul abgestempelt zu werden. Oder als unkollegial und egoistisch, wenn wir Nein sagen. Und wir haben Angst, als nicht kompetent genug zu gelten, ganz nach dem Motto „Der/die hat wohl mit sich selbst schon genug zu tun!“

 

Wer aber ständig Ja sagt, zahlt damit auch oft einen hohen Preis: Ja-Sager werden gern ausgenutzt, sie können sich nicht durchsetzen und sie versuchen, es allen recht zu machen. Ja-Sager sind ständig überlastet, unzufrieden und stehen unter Druck. Immerzu „Ja“ zu sagen ist also auch anstrengend und am Ende werden Ja-Sager sogar weniger respektiert als diejenigen, die klare Grenzen setzen und zu einem Nein stehen. Und besonders schlimm ist die Erkenntnis: Wer eicht zu haben ist, ist automatisch weniger wert!

Ja sagen ist leicht. Nein sagen eine Last.

Sagen Sie „Ja“ zum Nein. „Nein“ sagen ist immer dann einfach, wenn es um reine Informationen geht. „Findest Du das Kleid schön?“ Hier ist es noch recht leicht, „Ja“ oder „Nein“ zu sagen. Bei der Frage „Meinst Du, dass ich heute Abend ein Kleid tragen sollte?“ wird es schon spannender. Die Antwort überlegt sich der ein oder andere genau, immer im Hinterkopf, was die Dame denn jetzt wohl gern hören möchte. Wirklich interessant wird es aber, wenn die Frage lautet „Steht mir das Kleid?“ Jetzt geht es nicht mehr um reine Information. Jetzt geht es um Emotion. Egal, wie wahr ein „Nein“ wäre, im Fokus steht: „Was richtet es an?“


Inhaltlich ist ein „Nein“ ein ganzer Satz. Aber es ist nicht allein das Wort, das zählt. Es ist all das, was wir zusätzlich übermitteln. Denn Zustimmung und Ablehnung offenbaren wir auch durch Körpersprache, durch Mimik, durch unsere Stimme – von all dem hängt ab, wie unmissverständlich ein Nein wahrgenommen wird.


Nein zu sagen ist irgendwie unangenehm. Es bedeutet ja, jemanden zurückzuweisen oder jemanden oder etwas abzulehnen. Obwohl wir vom Nein überzeugt sind, fühlen wir uns unhöflich, im schlimmsten Fall egoistisch. Häufig ist ein „Ja“ leichter. Zustimmung hält den Fluss am laufen, während ein Nein einen Konflikt eröffnet.

Willst Du mit mir gehen? Kreuze an "Ja – Nein – Vielleicht"

Um uns nicht schlecht zu fühlen und nicht als Miesmacher dazustehen, haben wir Taktiken entwickelt, nein zu meinen, ohne es ausdrücken zu müssen. Selbstschutz? Empathie? Unsicherheit? Das kann viele Gründe haben.

 

Diese Eigenschaft haben wir uns schon in der Schule angewöhnt und weise genutzt. Nämlich dann, wenn wir diese kleinen Zettelchen bekommen haben, mit „Willst Du mit mir gehen?“ „Ja – Nein – Vielleicht – kreuze an". Bei uns waren das damals meistens die Jungs und zum Glück wollten die sich auch die Möglichkeit offenhalten, nicht komplett abserviert zu werden. So ein Zettelchen mit nur „Ja“ oder „Nein“ wäre viel zu gefährlich gewesen. „Vielleicht“ kann bedeuten, „Gerade nicht, aber vielleicht später!“ oder „Lass uns mal ein Eis essen gehen und dann schau ich mal“ Das ist nicht so krass wie „nein“. Win win für ihn und mich. Er macht sich nicht unebdingt zum Deppen und ich kann mich nett aus der Affäre ziehen, ohne ihm platt vor den Kopf zu knallen „Ich find Dich doof!“ und ihn damit zu verletzen oder gar gemein zu sein.


Als Erwachsene bekommen wir zwar keine „Ja - Nein - Vielleicht-Zettelchen“ mehr, aber die Taktik, ein klares Nein durch ein Vielleicht oder eine Erklärung abzuschwächen, beherrschen wir immer noch. Zum Beispiel, wenn wir auf die Kleiderfrage antworten „Schatz, Du siehst immer toll aus!“ Einfach aus der Affäre ziehen, ohne ein klares Statement abzugeben.


Dabei ist ein klares Nein doch auch mal wichtig! Und nötig. Nicht nur, um eine eindeutige Antwort zugeben und Missverständnisse zu vermeiden, sondern auch, um sich des eigenen Standpunkts bewusst zu sein und seine Meinung zu vertreten. Stark sein. Rückgrat beweisen. Die eigene Identität schützen. Sich selbst treu bleiben. Das hat auch schon Jean Paul Sartre gesagt, der die Negation, also das Nein-Sagen, mit der menschlichen Freiheit in Verbindung bringt. Er sagt: „Nur, wer auch Nein sagen kann, ist frei und muss sich dementsprechend selbst verantworten und gestalten!“

Es wird gesiezt, solange nichts anderen vereinbart ist

Also, auf geht‘s. Üben Sie „Nein“ sagen! „Nein“ sagen, bedeutet, Klartext zu reden! Es ist wichtig, bestimmt Nein sagen zu können, damit der/die andere nicht die Chance wittert, doch noch zum Zug zu kommen. Gleichzeitig sollte dieses Nein so höflich wie möglich rüberkommen. – Tipp: Fokus aus Folge #1: „Wäre ich eigentlich gern mit mir selbst zusammen?"


Folgende Situation: Sie bitten jemanden, eine Freundin, einen Kollegen, wen auch immer, um einen Gefallen, um Unterstützung kurz vor Feierabend oder ähnliches und Sie bekommen als Antwort „Nö. Kannste selber machen!“. Das fühlt sich ganz anders an, als wenn jemand sagt „Nein, leider nicht. Heute habe ich  keine Zeit!“ In beiden Fällen kommt das Nein deutlich bei Ihnen an. Beide werden Ihnen den Gefallen nicht tun. Wobei das „Nö, kannste selber machen!“ eine Ablehnung ausstrahlt, bei der Sie sich wahrscheinlich denken „Oh, okay, ist ja gut. Ich frag auch nie wieder!“ Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie sich dieser Stimmung anpassen und aus dem Bauch heraus trotzig reagieren, ist hoch.

Die Antwort „Nein, leider nicht. Heute habe ich keine Zeit“ lässt auch keine Zweifel offen, aber die Ablehnung ist milde, weil der andere das Nein begründet. Also kehren Sie dieses Beispiel einmal um. Stellen Sie sich vor, dass Sie jemand um einen Gefallen bittet: Wer möchten Sie sein: Derjenige, der mit einem Nein einen Disput einleitet und damit die Beziehung stört oder sogar zerstört oder derjenige, der charmant verneint und dabei trotzdem nicht gleich zum Feind wird?

Die 3B-Taktik

Wenn Sie eine Bitte höflich, respektvoll und wertschätzend ablehnen möchten, dann habe ich einen ganz einfach Tipp: Halten Sie sich an die 3B-Taktik. 3B steht dabei für Bedauern, Begründen, Begeistern. Das ist ganz einfach anzuwenden:

 

Bedauern können Sie, indem Sie mit Worten wie „Leider“ oder „es tut mir leid“, oder „Schade“ einleiten. Darauf muss nun das eindeutige „Nein!“ folgen. Nicht „neee“, „neeeein“, oder „nö“, sondern „Nein!“. Straffe Schultern, gerade Körperhaltung, Blickkontakt – „Nein!“. Unmissverständlich!


Begründen müssen Sie etwas üben, damit Sie hier nicht in eine Art Rechtfertigung verfallen. Die wirkt nämlich wieder wie ein „vielleicht“ und nimmt dem „Nein“ seine Konsequenz. Ein „Ich habe heute keine Zeit“ genügt also als Begründung,. „Ich muss ja noch Benni aus der Kita holen und mit dem Hund raus und Einkaufen wollte ich auch noch ...“ das ist alles viel zu viel und viel zu sehr gerechtfertigt. Das nimmt deinem „Nein“ die Ernsthaftigkeit.


Zum Schluss die Kür: Begeistern. Das muss nicht sein, unterstreicht aber Ihre wertschätzende soziale Kompetenz. Begeistern Sie den/die andere/n dadurch, dass Sie ihm/ihr eine Alternative aufzeigen. „Wenn es bis morgen Zeit hat, unterstütze ich Dich gerne!“ oder „Frag doch Anton. Vielleicht hat der Zeit.“ Sie beweisen Empathie, Verständnis und zeigen echtes Interesse daran, zu unterstützen.
Dabei ist es egal, wem Sie gegenüber stehst. Ob es ein Familienmitglied, eine gute Freundin, ein entfernter Bekannter, der Chef oder die Vorgesetzte, oder jemand völlig Fremdes ist: Ein „Nein“ ist immer erlaubt, es kommt einfach aufs „wie“ an.

Kleiner Shopping-Tipp

Weil ein „Nein“ so schwierig ist und weil wir von Natur aus ungern Menschen vor den Kopf stoßen, stehen wir uns im Alltag manchmal selbst im Weg. Kennen Sie diese Situation, wenn Sie in einer Boutique oder in einem Schuhgeschäft sind und immer dann, wenn die Verkäuferin Sie zu bemerken droht, drehen Sie sich weg und schauen ganz konzentriert in eine andere Richtung? Und alles nur, weil Sie wissen: „Wenn sie Dich jetzt berät, wirst Du gleich irgendwann etwas kaufen oder – noch schlimmer – ‚Nein‘ sagen müssen“. Wenn der Schuh wirklich nicht passt, ist es noch einfach. Wenn Ihnen aber der fünfte Sneaker immer noch nicht gefällt, wird‘s langsam eng und Sie fühlen sich schuldig und unhöflich, der engagierten Fachkraft nichts abzukaufen. Weil Sie das Gefühl haben, ihr damit vor den Kopf zu stoßen.


Mal ehrlich: Wer von Ihnen hat schon mal etwas gekauft, um der Verkäuferin oder dem Verkäufer höflich gegenüber zu sein? Ich schon. Dabei ist Nein sagen auch dann wichtig, wenn ich weiß, dem anderen gefällt das nicht. Hier spielt auch die Selbstliebe eine große Rolle. Sich selbst gerecht werden, tun, was Ihnen selbst gefällt. Wer sich selbst annimmt (und damit über genug Selbstliebe und Selbstachtung verfügt), dem fällt es auch leichter, „Nein“ zu sagen. Auch auf die Gefahr hin, dass andere darauf beleidigt und verschnupft reagieren.


Nur weil Sie eine Bitte ausschlagen, sind Sie nicht weniger liebenswert. Das ist ein Irrglaube!


An dieser Stelle noch mal ein Shopping-Tipp: Wenn Sie sich im Grunde schon gegen das Produkt entschieden haben, seien Sie vorsichtig mit dem Satz „Ich kann mich einfach nicht entscheiden“, Denn nun werden Verkäuferinnen und Verkäufer Dir sehr geschickt die vielen Vorteile präsentieren, die Ihr „Nein“ immer unerreichbarer machen. Wer von uns kann denn schon nach einem Satz wie „Dieser Schuh untertreicht so wunderbar Ihre schlanken Fesseln!“? Dann müssen Sie mit Ihrem „Nein“ wieder von vorne anfangen und geraten in Stress. Ein „Ich weiß nicht ..:“ ist genau so risikoreich wie ein „vielleicht später“. Solange Sie das „Nein“ nicht klar kommunizieren, wittert der andere die Chance, dass da doch noch Hoffnung auf ein „Ja“ besteht und setzt Charme und Komplimente als Waffe ein. Ihr Nein wird immer unerreichbarer.


Machen Sie sich bewusst, dass jedes „Nein“, von dem Sie selbst überzeugt sind, okay ist, wenn Sie es aufrichtig ausdrücken und wenn Sie ganz deutlich machen, dass das „Nein“ der Sache und nicht der Person gilt. Lehnen Sie die Bitte ab, aber nicht den Menschen.

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Birte Steinkamp
Zert. Trainerin für Business-Etikette

birtesteinkamp@die-kniggetrainerin.de

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